Beschreibung
Das menschliche Cytomegalovirus (HCMV) ist ein weltweit verbreiteter klinisch bedeutsamer Vertreter der humanpathogenen Herpesviren. Durch den breiten Zelltropismus von HCMV kann praktisch jedes Organ befallen sein. Die Pathogenese einer HCMV-Infektion wird entscheidend mitbestimmt durch die Ausbreitungswege des Virus im Organismus. Dabei findet die zelluläre Ausbreitung nahezu ausschließlich über eine direkte Weitergabe der infektiösen Viruspartikel von Zelle zu Zelle statt und auch die Ausbreitung im Gewebe scheint zellassoziiert herdförmig zu verlaufen. Der Mechanismus dieser zellassoziierten Ausbreitung von HCMV war bislang nicht bekannt und wurde nun erstmals in der vorliegenden Arbeit zu einem zentralen Thema von Untersuchungen gemacht. Zunächst wurde ein Zellkulturmodell entwickelt, in dem dann funktionelle und genetische Aspekte der zellassoziierten Ausbreitung in Fibroblasten und Endothelzellen analysiert werden konnten. Zwei speziell hierfür generierte HCMV-Stämme, die GFP unter der Kontrolle des viralen UL16-Promotors als frei diffundierbares Protein zytoplasmatisch exprimieren erlaubten erstmals direkte Untersuchungen zur Rolle von Zell-Zell-Fusionen bei der zellassoziierten Ausbreitung von HCMV. Die im Rahmen dieser Arbeit gemachten funktionellen Untersuchungen belegten erstmals, dass ein direkter Virustransfer durch Virusinduzierte, zelltypunabhängige Zell-Zell-Fusionen die zellgebundene Ausbreitung von HCMV in Fibroblasten und Endothelzellen vermittelt. Die infektiösen Viruspartikel können über diese direkten Zell-Zell-Verbindungen von der infizierten Zelle zur nicht-infizierten Nachbarzelle gelangen und sich so dem Zugriff durch neutralisierende Antikörper entziehen. Beobachtete zelltypspezifische Unterschiede in der Serumhemmbarkeit dieses Ausbreitungsmodus konnten molekularbiologisch auf die viralen Glykoproteine UL128-UL131 zurückgeführt werden. Experimente mit eigens hierfür hergestellten Deletionsmutanten zeigten eine essentielle Rolle von UL131A und UL128 bei der zellassoziierten Ausbreitung in Endothelzellen, nicht jedoch in Fibroblasten. Für UL128 wurde durch einen Gentransfer zusätzlich gezeigt, dass ein Polymorphismus dieses Gens Stammunterschiede im Endothelzelltropismus von HCMV-Stämmen bewirken kann. Der erstmalige Nachweis, dass virus-induzierte Zell-Zell-Fusionen die zellassoziierte Ausbreitung von HCMV in Fibroblasten und Endothelzellen vermitteln, und der Befund, dass in Endothelzellen die viralen Glykoproteine pUL128-131 dafür essentiell sind, erweitern das Verständnis für einen pathogenethisch wichtigen Ausbreitungsmechanismus und eröffnen neue therapeutische Optionen. Weiterführende Arbeiten können nun auf ähnliche Weise die in Fibroblasten bedeutsamen Virusproteine definieren. Gelingt es, beide virale Glykoproteinkomplexe durch entsprechende Antikörper oder chemische Stoffe in ihrer Funktion zu unterbinden, so könnte dies die zellassoziierte HCMV-Ausbreitung in infizierten Patienten wirkungsvoll hemmen.